Improvisation ist ein wesentliches Element im Jazz. So
gesehen stand dieses Samstagskonzert im Jazzclub Unterfahrt ganz besonders im
Zeichen des Jazz. Denn wenn ein Drittel eines Trios krank ist, müssen sich die
verbleibenden zwei Drittel etwas einfallen lassen. Und wenn diese zwei Drittel
dann auch noch wegen einer hindernisreichen Anreise spät dran sind, dann müssen
sie sich eben noch mehr einfallen lassen.
Pianist Colin Vallon und Schlagzeuger Julian Sartorius aus
der Schweiz sind gut im Improvisieren. Und so war schließlich der Sound rund,
die Bühne vorbereitet, und die beiden saßen mit einer halben Stunde Verzögerung beim Journalistenduo Oliver
Hochkeppel und Ssirus Pakzad in der Lounge. Wer bei dieser Talkrunde dabei war,
erfuhr Interessantes und Unterhaltsames zum Musikerleben von Vallon und
Sartorius und zur Entstehung des aktuellen Albums „Le Vent“. So etwa, dass
Sartorius derart an seinem Schlagwerk-Sammelsurium hängt, dass ihm zuletzt ein
verlorener Koffer wirklich schwer zu schaffen machte – der aber zum Glück bald
wieder auftauchte.
Im anschließenden Konzert präsentierte der Schlagzeuger ganz
gemäß Impro-Plan das erste Set kurzerhand als Solist. Mal hatten seine Eigenkompositionen
asiatische Anklänge, mal entstand der wuchtige Sound eines enormen
Maschinenwerks, und oft sprangen kleine, feine Pings, Klacks und Wirbel über
die Bestandteile seines Multi-Percussion-Bausatzes, den er während des Spielens
ständig umbaute. Die Stimmung dieses musikalisch fein gearbeiteten Sets war
fast durchweg humoristisch – ganz wie die neckische Art, in der Sartorius es
vortrug.
Colin Vallon setzte im zweiten Set am Flügel ebenso
minimalistische wie nachdenkliche Kompositionen als Kontrast dagegen. Im Spiel
an den Tasten und direkt an den Saiten entlockte er dem Instrument klare, zart
schillernde Melodien von sanfter Energie, die den Hörer in sich hineinsinken ließen.
Dass die Themen Sterben und Vergänglichkeit zuletzt wesentlichen Einfluss auf
seine Kompositionen hatten, war hör- und verstehbar, jedoch ohne ins allzu
Schwermütige abzudriften.
Für die Präsentation einiger Stücke aus dem Album „Le Vent“
holte sich Vallon schließlich seinen Mitspieler Sartorius auf die Bühne. Mit
kontemplativer Schwermut, doch auch mit hellen, verspielteren Passagen,
verwandelte das Duo sein Motiv - den Wind des ständigen Werdens und Vergehens -
in facettenreichen Klang. Als Zugabe präsentierten die Musiker eines ihrer
neuesten Stücke mit einem etwas fröhlicheren Charakter, dessen Titel klang wie
ein freundlicher Abschiedsgruß – „Smile“.